Wie schon letzte Woche angekündigt
gibt es heute ein Kapitel für die Augen
Achtes Kapitel
DIE AUGEN-
DER SPIEGEL DER SEELE
Denn was habe ich von einem Menschen,
dem ich bei seinen mündlichen
Äußerungen nicht ins Augen sehen kann
und dessen Seelenspiegel durch ein paar
Gläser verschleiert ist!
Augen sind die Fenster des Menschen.
Fenster sind aus Glas, und Glas ist, wie jedermann weiß,
durchsichtig.Wenn die Behauptung also stimmt, die Augen den Menschen
seien Fenster, würde das heißen, das man durch die Augen in das
Innere des Menschen blicken kann. Diese Feststellung stammt übrigens
von einem Mann namens Goethe.
Sollte es zutreffen, dann weiß ich
nicht, warum die vielen Psychiater und Seelenforscher so umständliche
Prozeduren anwenden, um die Gedanken ihrer Patienten zu erfahren. Sie
müssten dich ganz leicht und schnell die versteckten Geheimnisse
ergründen, mit einem Blick durch menschliche Fenster, mit einem
Blick in den Spiegel der Seele. Gewiss gibt es Augendiagnostiker.
Menschen, die behaupten, die meisten Krankheiten nach einem Blick in
die Augen zu erkennen.
Eine ausführliche Umfrage hat
bestätigt das die meisten Menschen genau auf die Augen ihrer
Mitmenschen achten. So hat eine Umfrage bei Kinobesuchern ergeben,
das die kurvenreichen Profile wohl beachtet werden, auch sinnliche
Lippen hinterlassen einen Eindruck, ebenso das vielleicht lange,
seidige Haar. In der Hauptsache aber werden die Augen der Stare
beachtet.
Doch wenn man nicht durch die Augen
hindurchsehen kann, wenn sich in ihnen nicht die Seele spiegelt, was
sehen die Leute dann? Wenn die Augen Fenster sind, dann hat der
Fensterbesitzer offenbar die Gardinen zugezogen. Und diese Gardinen
müssen demnach von Bedeutung sein.
Das Äußere der Augen ist es also, auf
das es ankommt. Der Glanz, das Feuer, die Müdigkeit, die
Schlaffheit, das kann in den Augen gesehen werden. Da wird nichts
hineingeheimnist, da wird nur gezeigt, was fast genau so gut an den
Händen, dem Mund oder der Körperhaltung abzulesen ist.
Außerdem sind die Augen ja noch für
einen Zweck unentbehrlich, der oft übersehen wird: wir können mit
ihnen andere Menschen sehen.
Es lohnt sich also die Augen zu
pflegen. Es gibt so viele Möglichkeiten, ihnen ihren Glanz zu nehmen
und so krank zu machen. Es bekommt ihnen bestimmt nicht gut, wenn du
oft bis tief in die Nacht hinein liest, wenn du schlechte oder
überhaupt keine Sonnenbrille trägst, wenn die Sonne auf die Augen
scheint, oder wenn du viel weinst. Müde abgespannte Augen bade in
kaltem Wasser, vielleicht mit einem Zusatz von Borwasser; verweinte
Augen - es ist manchmal so wohltuend zu weinen – spendiere eine
Kompresse mit schwarzem Tee. Entzündeten Augen hilft eine Kompresse
mit Kamillentee.
Wenn du eine Brille brauchst, dann kauf
die eine. Und kauf sie nicht nur, sondern trage sie auch. Es gibt so
viele Leute, die lieber Lippen und Augen zusammenkneifen und sich auf
den Tastsinn ihrer Fingerspitzen verlassen, die lieber mehrere Male
täglich aus Versehen Häuser, Menschen und Hunde rammen, ehe sie
eine Brille tragen. Eine Brille ist keine Schande. Wenn du die
richtige Aussuchst, kann sie eine wahre Zierde für dein Gesicht
sein. Manche Menschen tragen Brillen mit Fensterglas, wenn sie
gesunde Augen haben, nur um ihr Gesicht zu verschönern.
Wenn du mir noch einen Augenblick
gestattest, bei dem Vergleich des Klugen Mannes zu bleiben, der Augen
Fenster nannte, dann möchte ich jetzt noch kurz über den
Fensterrahmen sprechen. Der Rahmen sind die Augenbrauen und Wimpern.
Beide wachsen schöner und fester, wenn du sie mit einem Bürstchen,
das du in Rizinusöl tauchst, häufig striegelst. Das ersetzt Tusche
für die Wimpern und eine Pinzette zum auszupfen der Augenbrauen.
Nächste Woche geht es weiter mit dem Beitrag "Von der Unsitte des Schminkens", aus dem Buch
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